In Baden-Württemberg wird es nicht zur Errichtung einer Landespflegekammer kommen. Mehr als 53.000 Pflegefachkräfte hatten bis zum Ende der dafür vorgesehenen Frist Einwendungen gegen ihre Registrierung und damit auch gegen die Errichtung der Kammer erhoben.
In Baden-Württemberg wird es nicht zur Errichtung einer Landespflegekammer kommen. Wie Gesundheitsminister Manne Lucha am Montag (10. Juni) mitteilte, wurde das notwendige Quorum nicht erreicht, sondern um 3.377 Registrierungen verfehlt. Mehr als 53.000 Pflegefachkräfte hatten bis zum Ende der dafür vorgesehenen Frist Einwendungen gegen ihre Registrierung und damit auch gegen die Errichtung der Kammer erhoben.
„Es ist kein Geheimnis, dass ich mir die Errichtung einer Pflegekammer gewünscht hätte. Mit dem vorgeschalteten Quorum wollten wir in Baden-Württemberg einer Landespflegekammer von Anfang an eine starke Legitimation geben. Dies ist nach dem Ergebnis des Registrierungsverfahren leider nicht der Fall. Jetzt gilt es, dieses Ergebnis zu akzeptieren“, sagte Lucha am Montag (10. Juni) in Stuttgart. Gleichzeitig betonte er: „Das Ergebnis ist aber kein Grund, in dem Bemühen nachzulassen, die Pflege wo immer möglich zu stärken.“
120.619 Pflegefachkräfte angeschrieben
Im Rahmen der vorgelagerten Gründungsphase der Landespflegekammer wurden insgesamt 120.619 Pflegefachkräfte auf der Basis von Arbeitgebermeldungen vom eigens dafür eingerichteten Gründungsausschuss angeschrieben. Entsprechend dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Quorum wäre erforderlich gewesen, dass mindestens 67.757 Pflegefachkräfte keine Einwendungen gegen ihre Registrierung bzw. die Errichtung einer Landespflegekammer erhoben hätten. Tatsächlich lag die Zahl derer, die keine Einwendung erhoben haben, jedoch nur bei 64.380 Pflegefachkräften.
Aufgabe des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration auf der Grundlage des Pflegekammergesetzes war es, das Ergebnis des Quorums verbindlich festzustellen. Der für die Durchführung des Registrierungsverfahrens zuständige Gründungsausschuss für eine Einrichtung der Pflegekammer war in seinem Bericht vom 4. April 2024 zu dem Ergebnis gekommen, dass das Quorum um 743 Stimmen übertroffen wurde – und damit die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Landespflegekammer erfüllt seien. Aufgrund dieses knappen Ergebnisses hatte sich das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration dazu entschieden, alle vom Gründungsausschuss als unwirksam beurteilten Einwendungen im Einzelfall zu überprüfen. Zusätzlich wurde auch eine Stichprobenprüfung von 1.000 Fällen aus der Gesamtzahl aller Einwendungen vorgenommen.
Im Gegensatz zum Gründungsausschuss kam das Ministerium zu dem Ergebnis, dass 769 und nicht 1.823 Einwendungen als unwirksam zu werten sind, da diese entgegen der Vorgaben nicht unterschrieben waren. Das Sozialministerium vertritt die Rechtsauffassung, dass jede unterschriebene Einwendung als wirksam gilt, sofern eine eindeutige persönliche Zuordnung erfolgen kann, unabhängig von weiteren fehlenden Angaben. So wurden daher auch eine fehlende Wiederholung der Namenangabe oder die fehlende Angabe des Geburtsdatums vom Sozialministerium nicht als unwirksame Einwendungen angesehen, da aufgrund einer im Formular voreingedruckten ID-Nummer und Namensangabe zusammen mit der Unterschrift eine eindeutige persönliche Zuordnung möglich war.
Darüber hinaus sind für die Berechnung des Quorums von den 120.619 angeschriebenen Pflegefachkräften noch 3.066 abzuziehen, da ihnen das Anschreiben des Gründungsausschusses nicht zugestellt werden konnte und sie somit keine offizielle Kenntnis vom Registrierungsverfahren erlangt hatten. Demgegenüber vertrat der Gründungsausschuss die Auffassung, dass diese Fälle als Zustimmung zur Pflegekammer zu werten seien, weil es diesen Personen trotz nicht erfolgter postalischer Zustellung möglich gewesen wäre, von sich aus Einwendungen zu erheben bzw. dem Gründungsausschuss ihre korrekte Adresse mitzuteilen.
Personenbezogene Daten werden gelöscht
Mit der Verkündung des Ergebnisses und des Nichterreichens des Quorums findet der Errichtungsprozess einer Landespflegekammer nun sein Ende. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben wird der Gründungsausschuss aufgelöst, alle personenbezogenen Daten werden gelöscht.
„Letztlich scheinen die Gruppen derer, die für oder gegen eine Pflegekammer sind, fast gleich groß zu sein, wenn wir vom Ergebnis des Registrierungsverfahrens ausgehen. Dennoch wurde das notwendige Quorum verfehlt, eine Pflegekammer wird in Baden-Württemberg also nicht kommen. Jetzt gilt es, und das vereint alle Pflegekräfte und politischen Verantwortlichen, die berufspolitischen Fragen der Zukunft auch ohne Pflegekammer engagiert und mit größter Kraft zu bearbeiten. Dafür habe ich mich heute zu einem ersten Austausch mit dem Vorstand des Landespflegerates getroffen“, erklärte Lucha abschließend.
Das Ziel der geplanten Landespflegekammer sollte es sein, durch eine Erhöhung der Attraktivität des Berufsstands auch einen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs zu leisten. Der Pflegekammer sollten hierzu schrittweise wichtige Aufgaben übertragen werden. Dazu hätten unter anderem die Wahrnehmung von beruflichen Belangen sowie die Förderung der Ausbildung gezählt. Mit einer Kammergründung wäre die Pflege die größte Kammer im Bereich der Gesundheitsfachberufe gewesen.
Pressemitteilung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration BW
GRÜNEN-STATEMENT ZUR PFLEGEKAMMER
Monatelang hatte das Sozialministerium die Einwände gegen die Errichtung einer Pflegekammer geprüft. Nun ist klar: Es sind zu viele - und das Projekt ist gescheitert. Zum Quorum zur Errichtung einer Landespflegekammer sagt die Fraktionsvize und Sprecherin für Soziales, Gesundheit und Pflege, Petra Krebs:
„Ich bedauere es sehr, dass Baden-Württemberg keine Pflegekammer bekommt. Ich bin nach wie vor der Auffassung: Eine Pflegekammer ist eine wirkliche Selbstvertretung für die Pflegenden. Sie ist außerdem eine gute Möglichkeit für den Berufsstand, sich mit starker Stimme einzusetzen und bei wichtigen Gesetzesvorhaben mitzubestimmen.
Nun zeigt das Auszählungsergebnis deutlich, dass sich viele Pflegefachkräfte gegen die Kammer entschieden haben und in ihr keine repräsentative Vertretung sehen. Diese Entscheidung akzeptieren wir und werden uns auch weiterhin intensiv um die Pflege im Land kümmern. Als Gesellschaft können wir es uns nicht leisten auf die Expertise der Pflege zu verzichten.
Für mich und die Grüne Landtagsfraktion bleibt die Stärkung der Pflege, der Beschäftigten und der Pflegebedürftigen ein Thema mit höchster Priorität.“