Rede von Petra Krebs MdL:
Ich freue mich, dass wir heute kurz vor der Sommerpause den Abschlussbericht nebst Handlungsempfehlungen dem Landtag vorlegen können. Ich möchte nun am Ende der Zeit der Enquete nochmal ganz zum Anfang zurückgehen, als wir uns mit dem Krisenbegriff beschäftigt haben und damit, was Krisen mit Menschen machen.
Die Menschheitsgeschichte ist gezeichnet von Krisen: Kriege, Unwetterereignisse, Hungersnöte… Immer wieder war die Menschheit lernfähig und hat die richtigen Schlüsse gezogen. So ist beispielsweise die größte Errungenschaft dieses Kontinentes – nämlich die Europäische Union – vor 80 Jahren noch undenkbar gewesen. Das sollte uns ein lehrendes Beispiel sein, dass wir vor den Krisen dieser Zeit nicht resignieren sollten.
Lasst uns stattdessen neue Ideen entwickeln. Ideen, mit denen wir Krisen meistern können und die uns als Gesellschaft weiterbringen. Das ist der Anspruch der Enquetekommission gewesen.
Breiter Fokus über die Corona-Pandemie hinaus
Darum war es sicher die richtige Entscheidung, in der Enquete nicht nur die Corona-Pandemie zu betrachten. Es war die richtige Entscheidung, unser Augenmerk auf die Gesellschaft mit all ihren Facetten, ihren Herausforderungen und auf alle Lebensbereiche zu lenken. Unser Ziel muss sein, gesellschaftliche Ungleichheiten zu reduzieren. Das hilft auch bei der Bewältigung von Krisen. Wichtig ist dabei, dass wir Menschen als Expertinnen und Experten für ihre Lebenswelt und ihren Alltag mit all ihren Problemen wahrnehmen.
Und noch etwas ist während der Corona-Pandemie zutage getreten: Der erlebte Kontrollverlust in der Krise wurde von der Verbreitung von Falschinformationen und Verschwörungserzählungen begleitet. Desinformationen wurden absichtlich gestreut. Es ging darum, Vertrauen in demokratische Prozesse zu untergraben. Die Krisenlage wurde und wird auch heute als Vehikel genutzt, um antidemokratische, antisemitische Haltungen und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit den Boden zu bereiten. Hass und Hetze waren und sind die Folgen. Aber wir lassen das nicht zu, denn unser Land ist deutlich besser und stärker als dieser Hass.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt zur Krisenbewältigung
Ein Handlungsfeld hat sich mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss der gesellschaftliche Zusammenhalt bei der Bewältigung von Krisen hat. Solidarität und Vertrauen in die Mitmenschen sowie die staatlichen Institutionen sind Grundlage, um eine Krise bewältigen zu können.
Wir schauen dabei auf das Thema Beteiligung und wollen insbesondere die Kinder- und Jugendbeteiligung ausbauen. Beispielhaft sei genannt die Einrichtung eines dauerhaften beratenden Gremiums aus Jugendlichen auf Landesebene.
Staatliche Krisenvorsorge und Bevölkerungssensibilisierung
In diesem Handlungsfeld haben wir uns sehr ausführlich mit allen Akteurinnen und Akteuren der Blaulichtfamilie unterhalten und uns mit den vergangenen und noch zu erwartenden „Lagen“ beschäftigt. Die Bevölkerung muss für mögliche zukünftige Krisensituationen sensibilisiert und über angemessenes Verhalten im Krisen- und Katastrophenfall besser aufgeklärt werden. Wir brauchen Übungen, in die die Bevölkerung einbezogen werden, und Warnungen, die alle Teile der Bevölkerung erreichen. Übung macht den Meister! Als wichtige Handlungsempfehlung in diesem Bereich sehen wir insbesondere die Einführung und den Einsatz einer einheitlichen und vernetzten Technik und Software für die Integrierten Leitstellen als Regelversorgung.
Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und Kreislaufwirtschaft
Im 4. Handlungsfeld haben wir uns mit dem Thema Widerstandsfähigkeit und Potenziale der Wirtschaft beschäftigt. In Krisen können ganz unterschiedliche Güter zur Mangelware werden. Das rückt die Versorgungssicherheit in den Mittelpunkt. Das bedeutet, wir müssen Lieferketten diversifizieren. Dabei müssen die Pariser Klimaziele sowie die Ziele für Nachhaltige Entwicklung im Vordergrund stehen.
In den vergangenen Krisen wurde klar: Wir sind stark vom Import von Rohstoffen abhängig. Ein Weg, diese Abhängigkeit zu reduzieren und somit krisenfester zu werden, ist die Kreislaufwirtschaft. Rohstoffe wiederzuverwenden macht uns nicht nur resilienter, sondern ist auch nachhaltig und daher konsequent zu fördern. Wir sehen gleichzeitig, dass wir die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken müssen. Denn bei zentralen Zukunftstechnologien, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz, dürfen wir uns nicht in Abhängigkeit zu anderen Ländern begeben.
Gesundheit und Klimawandel
Vordergründig war die Corona-Krise, welche ja der Auslöser für die Enquete war, eine Gesundheitskrise. Darum war es für uns klar, dass wir infolge dessen das weitreichende Themenfeld Gesundheit als erstes Handlungsfeld ausführlich betrachten.
Das Verständnis von einer gesundheitsförderlichen Umgebung und von gesundheitsförderlichem Verhalten spielt aber in allen Lebensbereichen und eben auch Politikfeldern eine Rolle. Darum setzten wir als Grüne Fraktion auf das Health in all Policies Prinzip. Wir sehen darin unseren größten Schwerpunkt, um einer Gesellschaft schon lange vor dem Auftreten von Krankheiten ein gesundes Leben zu ermöglichen.
Als größte Gefahr für die menschliche und die planetare Gesundheit hat die Wissenschaft den Klimawandel und die damit einhergehende Erderhitzung benannt. Aus diesem Grund empfehlen wir, dass sich insbesondere das Landesgesundheitsamt dem Thema widmet und dafür eine „Koordinierungsstelle gesundheitlicher Hitzeschutz“ einrichtet. Es braucht zudem den rechtlichen Rahmen für Hitzeaktionspläne, damit wir diese dann vor Ort in den Kommunen gemeinsam entwickeln können. Zudem sehen wir es auch im Gesundheitsbereich als notwendig und zielführend an, Kriseninterventionseinheiten für Ereignisse wie Pandemien, Hitzewellen und andere gesundheitliche Notlagen im Landesgesundheitsamt zu installieren.
Verantwortung für die Zukunft
Wir haben mit der Einberufung der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ einen Prozess angestoßen, der bundesweit einmalig ist.
Die Corona-Pandemie hat unser Land vor bisher unbekannte Herausforderungen gestellt. Unsere Gesellschaft hat in der Krise Stärke und Schwächen gezeigt. Wir haben nun die Verantwortung, aus den gemachten Erfahrungen Lehren für kommende Krisen zu ziehen.
Lassen sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Handlungsempfehlungen der Enquete anzugehen und denken sie bei Haushaltsverhandlungen immer mal wieder im positiven Sinne daran. Das bringt unser Land weiter und dient letztendlich auch vor allem der Demokratie. Dieses wunderbare Land ist so viel besser und stärker als der Hass und die Hetze von ganz rechts außen!